Die Zukunft der Vergangenheit - Moderne Fotografie im 19. Jahrhundert
18. Oktober 2009 bis 7. Februar 2010
Wer alte Fotografie liebt, sollte nach Albstadt fahren. Dort werden rund 130 Werke des Stuttgarter Sammlers Rolf Mayer gezeigt. Die wertvollen Bestände von seltenen Fotografien des 19. Jahrhunderts werden 2009 erstmals einer breiten Öffentlichkeit präsentiert. Nach der ersten Station im Graphikmuseum Pablo Picasso Münster ist die Sammlung nur noch in Albstadt zu sehen, ehe sie in den Privatbesitz zurückkehrt.
Der Charme dieser Sammlung liegt im Zusammenspiel von anonymen Aufnahmen und Fotografien berühmter Pioniere dieses Mediums wie beispielsweise William Henry Fox Talbot, Eugène Cuvelier und Jean-Eugène-Auguste Atget. |
Eugène Cuvelier
Felsen bei den Schluchten von Apremont, 1860-69 |
Die Ausstellung macht die enorme Vielfältigkeit der frühen Fotografie deutlich. Im Zentrum steht die Frage, inwieweit bereits in Fotografien des 19. Jahrhunderts Bildstrategien des 20. Jahrhunderts zu finden sind. Die gezeigten Werke bestechen nicht selten durch eine Strenge und Sachlichkeit, die dem Mainstream des 19. Jahrhunderts zuwider läuft. | ||
Anonym
Forth-Brücke, Schottland: Teil des Freiträgers im Bau, 1883-90 |
Romualdo & Leopoldo & Giuseppe Alinari
Eukalyptus, ca. 1860 |
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So wirkt der in den 1880er Jahren entstandene Abzug einer Eisenbahnbrücke als entstamme er einem Fotoband aus den 1960er Jahren. In dieser Zeit begannen beispielsweise Bernd und Hilla Becher, die ästhetischen Qualitäten industrieller Bauten fotografisch zu inszenieren. Die Aufnahme einer Eukalyptuspflanze der Gebrüder Alinari hingegen scheint die Ästhetik der in den 1920er Jahren aufkommenden Neuen Sachlichkeit vorweg zu nehmen und lässt an Pflanzenstudien von Karl Blossfeldt denken. |
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Félix Bonfils
Aufstieg auf die Cheops-Pyramide, ca. 1870 |
Zahlreiche dieser spannenden Fotografien belegen das im 19. Jahrhundert neu aufkommende ethnologische und archäologische Interesse. Andere Arbeiten wiederum sind Zeugnisse für den wissenschaftlichen Forschergeist und den technischen Fortschritt, der die heute als selbstverständlich geltenden Aufnahmen erst möglich machte. |
Überraschend sind dabei die vielfältigen Bildeindrücke und Stimmungen. Erinnert der Bildaufbau der Porträtstudien von Louis Igout an Gemälde aus der Zeit der Romantik, so offenbart die teleskopische Aufnahme des Mondes von Paul & Prosper Henry einen nüchtern-analytischen Blick. |
Louis Igout
Ohne Titel, ca. 1890 |
Paul & Prosper Henry
Ansicht des Mondes, 26. Mai 1889 |
Fotografien dieser Zeit sind immer auch ein Experimentieren und Ausloten der verschiedenen fotografischen Verfahren selbst, so wie z.B. die Sequentialfotografie von Eadweard Muybridge. In seinen Bildfolgen fing er Bewegung ein, was später auch die Idee des Films beeinflusste.
Laufend und sich schnell umdrehend, mit einer Tasche in einer Hand, einem Stock in der anderen, 1887
So liefert die Ausstellung für den Betrachter des frühen 21. Jahrhunderts eine ungewohnte und überraschende Sichtweise auf die Fotokunst des 19. Jahrhunderts.
Zur Ausstellung erscheint ein gleichnamiger Katalog (233 Seiten) - Preis: 24,90 Euro
Die Zukunft der Vergangenheit - Moderne Fotografie im 19. Jahrhundert
18. Oktober 2009 bis 7. Februar 2010
Wer alte Fotografie liebt, sollte nach Albstadt fahren. Dort werden rund 130 Werke des Stuttgarter Sammlers Rolf Mayer gezeigt. Die wertvollen Bestände von seltenen Fotografien des 19. Jahrhunderts werden 2009 erstmals einer breiten Öffentlichkeit präsentiert. Nach der ersten Station im Graphikmuseum Pablo Picasso Münster ist die Sammlung nur noch in Albstadt zu sehen, ehe sie in den Privatbesitz zurückkehrt.
Der Charme dieser Sammlung liegt im Zusammenspiel von anonymen Aufnahmen und Fotografien berühmter Pioniere dieses Mediums wie beispielsweise William Henry Fox Talbot, Eugène Cuvelier und Jean-Eugène-Auguste Atget.
Eugène Cuvelier
Felsen bei den Schluchten von Apremont,
1860-69
Die Ausstellung macht die enorme Vielfältigkeit der frühen Fotografie deutlich. Im Zentrum steht die Frage, inwieweit bereits in Fotografien des 19. Jahrhunderts Bildstrategien des 20. Jahrhunderts zu finden sind. Die gezeigten Werke bestechen nicht selten durch eine Strenge und Sachlichkeit, die dem Mainstream des 19. Jahrhunderts zuwider läuft.
Anonym Romualdo & Leopoldo &
Forth-Brücke, Schottland: Giuseppe Alinari
Teil des Freiträgers Eukalyptus, ca. 1860
im Bau, 1883-90
So wirkt der in den 1880er Jahren entstandene Abzug einer Eisenbahnbrücke als entstamme er einem Fotoband aus den 1960er Jahren. In dieser Zeit begannen beispielsweise Bernd und Hilla Becher, die ästhetischen Qualitäten industrieller Bauten fotografisch zu inszenieren.
Die Aufnahme einer Eukalyptuspflanze der Gebrüder Alinari hingegen scheint die Ästhetik der in den 1920er Jahren aufkommenden Neuen Sachlichkeit vorweg zu nehmen und lässt an Pflanzenstudien von Karl Blossfeldt denken.
Zahlreiche dieser spannenden Fotografien belegen das im 19. Jahrhundert neu aufkommende ethnologische und archäologische Interesse. Andere Arbeiten wiederum sind Zeugnisse für den wissenschaftlichen Forschergeist und den technischen Fortschritt, der die heute als selbstverständlich geltenden Aufnahmen erst möglich machte.
Félix Bonfils
Aufstieg auf die Cheops-Pyramide, ca. 1870
Überraschend sind dabei die vielfältigen Bildeindrücke und Stimmungen. Erinnert der Bildaufbau der Porträtstudien von Louis Igout an Gemälde aus der Zeit der Romantik, so offenbart die teleskopische Aufnahme des Mondes von Paul & Prosper Henry einen nüchtern-analytischen Blick.
Louis Igout
Ohne Titel,
ca. 1890
Paul & Prosper Henry
Ansicht des Mondes,
26. Mai 1889
Fotografien dieser Zeit sind immer auch ein Experimentieren und Ausloten der verschiedenen fotografischen Verfahren selbst, so wie z.B. die Sequentialfotografie von Eadweard Muybridge. In seinen Bildfolgen fing er Bewegung ein, was später auch die Idee des Films beeinflusste.
Eadweard Muybridge
Laufend und sich schnell umdrehend, mit einer Tasche in einer Hand, einem Stock in der anderen, 1887
So liefert die Ausstellung für den Betrachter des frühen 21. Jahrhunderts eine ungewohnte und überraschende Sichtweise auf die Fotokunst des 19. Jahrhunderts.
Zur Ausstellung erscheint ein gleichnamiger Katalog (233 Seiten) - Preis: 24,90 Euro