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Albstadt - Maschenmuseeum - Vergangene Ausstellungen
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Die Maschine fordert ihr Tribut

Bilderzyklus veranschaulicht Krise drastisch am Beispiel der Schwäbischen Textilindustrie
Helmut Anton Zirkelbachs „Tailfinger Totentanz“
Eröffnung: 5. November 2009 um 19.00 (Ausstellung bis 29. November 2009)

Auf Blüte und Aufschwung, so haben wir es in der Vergangenheit immer wieder erfahren, folgen häufig Krise und Verfall. Beide Prozesse bedingen, ja - bedürfen geradezu einander. Ohne Aufschwung kein Niedergang – und umgekehrt. Der Kreislauf der Jahreszeiten, der menschliche Lebenslauf selbst geben beredtes Zeugnis vom Stirb und Werde, vom Auf und Ab irdischer Entwicklungszyklen.

Helmut Anton Zirkelbach übersetzt diese letztlich natürliche Dynamik in einen 13-teiligen Radierzyklus mit dem sinnfälligen und stabreimenden Titel „Tailfinger Totentanz“. Dabei verknüpft er ein seit dem Mittelalter äußerst populäres Bildthema, den Totentanz, - und das ist neu - mit Darstellungen von menschenverlassenen Textilmaschinen. Seit Anfang des
19. Jahrhunderts florierte die Textilindustrie in der Region. Mit der zunehmenden Verlagerung von Produktionsstandorten ins Ausland, aber auch mit Rationalisierung und Automatisierung verlor der baden-württembergische Standort im internationalen Vergleich an Bedeutung. Allerdings wird diesem regionalen Dilemma, der Niedergang der ehemals so blühenden schwäbischen Textilindustrie, von Zirkelbach nicht in kontemplativen Stillleben nachgetrauert. Vielmehr werden diese hochmodernen Maschinen von Totenköpfen und Skeletten bildhaft in Besitz, ja letzten Endes in Betrieb genommen. Aus diesen fast surrealistisch anmutenden Verstrickungen von nutzlos gewordenen Objekten und rotierenden Körpergerüsten entstanden wirkmächtige Radierungen, die voller symbolischer Anspielungen und kunsthistorischer Bezüge sind. Neben dem stets präsenten Memento Mori verweist Zirkelbach unter anderem mit einem Zitat der „Melancholia“ auf den deutschen Vorzeigekünstler und Radierer Albrecht Dürer.

Und so gelingt es Zirkelbach, ausgehend von seiner künstlerischen Praxis und den vielfältigen historischen Rückbezügen auf das Mittelalter, grundsätzliche Fragen nach der Rolle des Handwerks und den Auswirkungen von Industrialisierung und Modernisierung von Produktionsabläufen zu stellen, die bis in die Gegenwart immer wieder ihre Opfer forderten.

Helmut Anton Zirkelbach, geb. 1962 in Schorndorf, Autodidakt und seit 1985 freischaffender Künstler, widmet sich seit 1996 intensiv dem Medium der Radierung. Charakteristisch an seiner künstlerischen Praxis ist neben den vielfältigen literarischen, musikalischen und kunsthistorischen Bezügen die konzentrierte Materialität seiner Werke. Neben der prozessorientierten Technik der Radierung bearbeitet er Bildträger aus Holz, die, nach Auftrag einer Mischtechnik, zwischen den Gattungen Malerei und Skulptur changieren.