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Albstadt - Städtische Galerie - Vergangene Sonderausstellungen
Albstadt - Städtische Galerie - Vergangene Sonderausstellungen

SCHLÖSSER UND BURGEN OHNE ZAHL
Ausblick von der Schwäbischen Alb

BURGBESICHTIGUNG

Thomas Raschke I Rolf Wicker I Helmut Anton Zirkelbach

Der Ausstellungstitel - ein Zitat aus Wilhelm Hauffs ,Lichtenstein´ - spiegelt den geschichtsträchtigen Blick der Romantik auf die Landschaft der Schwäbischen Alb mit ihren Burgen und Schlössern, die für uns heute fast selbstverständlich Teil der Landschaft geworden sind: „Schlösser und Burgen ohne Zahl“ erblickte Georg von Sturmfeder, der Hauptprotagonist in Wilhelm Hauffs historischem Roman 1519 vom Beurener Felsen aus. Das 1826 erstmals erschienene Erfolgswerk des damals Vierundzwanzigjährigen veranlasste 1840/1841 Wilhelm, Herzog von Urach und Graf von Württemberg, die längst verfallene Burg als „Ritterburg Lichtenstein“ im mittelalterlichen Stil neu errichten zu lassen. Im 19. Jahrhundert boomte das Interesse für „vaterländische Geschichte“ in Wort und Bild. Es entstanden enzyklopädische Werke wie „Das malerische und romantische Deutschland“, für das Gustav Schwab 1837 den reich illustrierten Band „Wanderungen durch Schwaben“ verfasste. Durch die neu entwickelten druckgraphischen Verfahren des Stahlstichs und der Lithographie konnte das Bedürfnis nach Erinnerungsbildern im Zeichen des aufkommenden Tourismus gestillt werden. In diesem Zusammenhang steht auch das wachsende Interesse an Darstellungen, Rekonstruktionen und Neubauten vieler der inzwischen längst verfallenen Burgen.













Henry Payne nach Charles Warren,
Schloss Bronnen, um 1840, Stahlstich, koloriert

 

Franz Abresch
nach K. F. Eduard Mauch,
Lichtenstein, um1841, Stahlstich 
 
 
Matthäus Merian, Burg Wildenstein,
Kupferstich aus der Topographia Sueviae, 1643
[Galerie Albstadt, Städtische Kunstsammlungen]

Im Jahr 1643, fast 200 Jahre zuvor, hatte Matthäus Merian in seiner „Topographia Sueviae“ - Band 2 der „Topographia Germaniae“ - zahlreiche Städte und Burgen in ihrer Idealansicht festgehalten. Merians Kupferstiche und Radierungen wirkten geradezu stilbildend für das Genre der topographischen Ansicht und bewahrten im Angesicht der Zerstörungen des Dreißigjährigen Krieges kostbare Erinnerungen. Das künstlerische Landschaftsbild der Schwäbischen Alb wurde jedoch nicht zuletzt durch Stahlstiche und Lithographien geprägt, die den aufkommenden Tourismus im frühen 19. Jahrhundert mit Erinnerungsbildern bedienten.

 
Lorenzo II Quaglio,
Burg Hohenzollern, 1851,
Öl auf Leinwand,
Eigentum des Hessischen Landtags
Neben Gemälden und graphischen Einzelblättern zeigt die Ausstellung – als Leihgabe der Württembergischen Landesbibliothek – auch die Buchausgaben der Werke, für die ein Teil der Graphiken entstand. So entfaltet die Ausstellung ein künstlerisches Burgenpanorama der Schwäbischen Alb, das neben den topographisch motivierten Stichen Merians und der Reproduktionsgraphik des 19. Jahrhunderts auch das neu erwachte künstlerische Interesse am Motiv der Schlösser und Burgen auf der Schwäbischen Alb widerspiegelt. Wohl nicht zufällig wird im Haus Hohenzollern, das seit 1701 die preußischen Könige mit Sitz in Berlin stellte, die Burg Hohenzollern als Stammsitz des Fürstenhauses wieder bewusst. 1850 wurde der Grundstein für den neugotischen Aufbau der ruinös gewordenen mittelalterlichen Anlage gelegt. Der renommierte Münchner Maler Lorenzo II Quaglio hielt die Ansicht unmittelbar vor dem Wiederaufbau fest. Erstmals steht das vorbereitende Aquarell aus der Albstädter Sammlung dem ausgeführten Gemälde Quaglios, einer Leihgabe des Hessischen Landtags Wiesbaden, gegenüber.
 

Im späten 19. und frühen 20. Jahrhundert entdecken viele Künstler die Burg als stimmungsvolles Landschaftsmotiv neu, von Christian Landenberger und Paul Kälberer bis Ida Kerkovius, von Felix Hollenberg bis Reinhold Nägele. Hans Otto Schönleber setzt sich in den 1920er Jahren aus nach-expressionistischer Sicht mit der Landschaft des Donautals auseinander und gibt dem Erlebnis der Natur eine innerlich erlebte Expressivität im Dialog mit den Alten Meistern deutscher Landschaftskunst.

Hans Otto Schönleber,
Schloss Bronnen,1924,
Holzschnitt
Christian Landenberger,
Burg Wildenstein im Donautal, 1893,
Bleistift

 

 

Die Galerie Albstadt blickt mit ihrer neuen Sonderausstellung jedoch nicht nur zurück in die Geschichte. Unter dem Titel „BURGBESICHTIGUNG“ nähern sich drei zeitgenössische Künstler dem alten Thema der Burg aus der heutigen Zeit: wie der moderne Betrachter, der ein altes Gemäuer betritt und ihm neu begegnet.

   
 Helmut Anton Zirkelbach 
(*1962) begegnet dne Strukturen im Mauerwerk, in Fenstern, Zinnen und Schießscharten. Sie lösen auf der Radierplatte graphische Strukturen in denen der zeitlichen Ferne alter Gemäuer eine rätselhafte Formensprache antwortet.
 
  Helmut Anton Zirkelbach,
Burg Bichishausen, 2013, Radierung, Leihgabe des Künstlers
   

Thomas Raschke
(*1961) verfremdet die Burg in ihrer steinernen Mächtigkeit durch die Materialien: Schaumstoff und Pappe. Die spielerische Verfremdung mündet in ein mehrdeutig kritisches Spiel mit Zeichen der Macht, mit Schein und Sein.

  Thomas Raschke, Burgbox 2002, Kartonschnitt>

Rolf Wicker (*1965)
geht in seinen Arbeiten von tatsächlich existierenden Grundrissen alter Burgen aus. Mit modernen Materialien überführt er diese in seiner Installation in eine raumfüllende Großskulptur. Nicht durch rückwärtsgewandtes Nachbilden, sondern im gegenwärtigen Weiterdenken des räumlichen Vokabulars lädt er die Betrachter ein, sich aus dem Heute den Herausforderungen eines neuen Raums zu stellen, der für die Ausstellung in Albstadt aus einer historischen Wurzel entwickelt wurde.

   Rolf Wicker,
Danzk 2013, Rauminstallation
im Forum der Galerie Albstadt (Gipsfaserplatten, Systemprofile)

 

SCHLÖSSER UND BURGEN OHNE ZAHL
Ausblick von der Schwäbischen Alb

BURGBESICHTIGUNG

Thomas Raschke I Rolf Wicker I Helmut Anton Zirkelbach

Der Ausstellungstitel - ein Zitat aus Wilhelm Hauffs ,Lichtenstein´ - spiegelt den geschichtsträchtigen Blick der Romantik auf die Landschaft der Schwäbischen Alb mit ihren Burgen und Schlössern, die für uns heute fast selbstverständlich Teil der Landschaft geworden sind: „Schlösser und Burgen ohne Zahl“ erblickte Georg von Sturmfeder, der Hauptprotagonist in Wilhelm Hauffs historischem Roman 1519 vom Beurener Felsen aus. Das 1826 erstmals erschienene Erfolgswerk des damals Vierundzwanzigjährigen veranlasste 1840/1841 Wilhelm, Herzog von Urach und Graf von Württemberg, die längst verfallene Burg als „Ritterburg Lichtenstein“ im mittelalterlichen Stil neu errichten zu lassen. Im 19. Jahrhundert boomte das Interesse für „vaterländische Geschichte“ in Wort und Bild. Es entstanden enzyklopädische Werke wie „Das malerische und romantische Deutschland“, für das Gustav Schwab 1837 den reich illustrierten Band „Wanderungen durch Schwaben“ verfasste. Durch die neu entwickelten druckgraphischen Verfahren des Stahlstichs und der Lithographie konnte das Bedürfnis nach Erinnerungsbildern im Zeichen des aufkommenden Tourismus gestillt werden. In diesem Zusammenhang steht auch das wachsende Interesse an Darstellungen, Rekonstruktionen und Neubauten vieler der inzwischen längst verfallenen Burgen.

Franz Abresch
nach K. F. Eduard Mauch,
Lichtenstein, um1841, Stahlstich 

 

 

 

 

 

 

Henry Payne nach Charles Warren,
Schloss Bronnen, um 1840, Stahlstich, koloriert

 

Im Jahr 1643, fast 200 Jahre zuvor, hatte Matthäus Merian in seiner „Topographia Sueviae“ - Band 2 der „Topographia Germaniae“ - zahlreiche Städte und Burgen in ihrer Idealansicht festgehalten. Merians Kupferstiche und Radierungen wirkten geradezu stilbildend für das Genre der topographischen Ansicht und bewahrten im Angesicht der Zerstörungen des Dreißigjährigen Krieges kostbare Erinnerungen. Das künstlerische Landschaftsbild der Schwäbischen Alb wurde jedoch nicht zuletzt durch Stahlstiche und Lithographien geprägt, die den aufkommenden Tourismus im frühen 19. Jahrhundert mit Erinnerungsbildern bedienten.


Matthäus Merian, Burg Wildenstein,
Kupferstich aus der Topographia Sueviae, 1643
[Galerie Albstadt, Städtische Kunstsammlungen]

Neben Gemälden und graphischen Einzelblättern zeigt die Ausstellung – als Leihgabe der Württembergischen Landesbibliothek – auch die Buchausgaben der Werke, für die ein Teil der Graphiken entstand. So entfaltet die Ausstellung ein künstlerisches Burgenpanorama der Schwäbischen Alb, das neben den topographisch motivierten Stichen Merians und der Reproduktionsgraphik des 19. Jahrhunderts auch das neu erwachte künstlerische Interesse am Motiv der Schlösser und Burgen auf der Schwäbischen Alb widerspiegelt. Wohl nicht zufällig wird im Haus Hohenzollern, das seit 1701 die preußischen Könige mit Sitz in Berlin stellte, die Burg Hohenzollern als Stammsitz des Fürstenhauses wieder bewusst. 1850 wurde der Grundstein für den neugotischen Aufbau der ruinös gewordenen mittelalterlichen Anlage gelegt. Der renommierte Münchner Maler Lorenzo II Quaglio hielt die Ansicht unmittelbar vor dem Wiederaufbau fest. Erstmals steht das vorbereitende Aquarell aus der Albstädter Sammlung dem ausgeführten Gemälde Quaglios, einer Leihgabe des Hessischen Landtags Wiesbaden, gegenüber.


Lorenzo II Quaglio,
Burg Hohenzollern, 1851,
Öl auf Leinwand,
Eigentum des Hessischen Landtags

Im späten 19. und frühen 20. Jahrhundert entdecken viele Künstler die Burg als stimmungsvolles Landschaftsmotiv neu, von Christian Landenberger und Paul Kälberer bis Ida Kerkovius, von Felix Hollenberg bis Reinhold Nägele. Hans Otto Schönleber setzt sich in den 1920er Jahren aus nach-expressionistischer Sicht mit der Landschaft des Donautals auseinander und gibt dem Erlebnis der Natur eine innerlich erlebte Expressivität im Dialog mit den Alten Meistern deutscher Landschaftskunst.

Christian Landenberger,
Burg Wildenstein im Donautal, 1893,
Bleistift

 

 

 

 


Hans Otto Schönleber,
Schloss Bronnen,1924,
Holzschnitt


 


Die Galerie Albstadt blickt mit ihrer neuen Sonderausstellung jedoch nicht nur zurück in die Geschichte. Unter dem Titel „BURGBESICHTIGUNG“ nähern sich drei zeitgenössische Künstler dem alten Thema der Burg aus der heutigen Zeit: wie der moderne Betrachter, der ein altes Gemäuer betritt und ihm neu begegnet.

Helmut Anton Zirkelbach 
(*1962) begegnet dne Strukturen im Mauerwerk, in Fenstern, Zinnen und Schießscharten. Sie lösen auf der Radierplatte graphische Strukturen in denen der zeitlichen Ferne alter Gemäuer eine rätselhafte Formensprache antwortet.

Helmut Anton Zirkelbach,
Burg Bichishausen, 2013, Radierung, Leihgabe des Künstlers

 

 

 

 

 

Thomas Raschke
(*1961) verfremdet die Burg in ihrer steinernen Mächtigkeit durch die Materialien: Schaumstoff und Pappe. Die spielerische Verfremdung mündet in ein mehrdeutig kritisches Spiel mit Zeichen der Macht, mit Schein und Sein.

Thomas Raschke, Burgbox 2002, Kartonschnitt>

 

 


Rolf Wicker (*1965)
geht in seinen Arbeiten von tatsächlich existierenden Grundrissen alter Burgen aus. Mit modernen Materialien überführt er diese in seiner Installation in eine raumfüllende Großskulptur. Nicht durch rückwärtsgewandtes Nachbilden, sondern im gegenwärtigen Weiterdenken des räumlichen Vokabulars lädt er die Betrachter ein, sich aus dem Heute den Herausforderungen eines neuen Raums zu stellen, der für die Ausstellung in Albstadt aus einer historischen Wurzel entwickelt wurde.

 Rolf Wicker,
Danzk 2013, Rauminstallation
im Forum der Galerie Albstadt (Gipsfaserplatten, Systemprofile)